Am 30. Mai bat der Hamburgische Anwaltverein zur Emil-von-Sauer-Preisverleihung wie schon vor zwei Jahren in das Helmut Schmidt Auditorium der Bucerius Law School. Der HAV-Vorsitzende Andreas Schulte begrüßte den Preisträger Hans-Dietrich Rzadtki, den Laudator Dr. Till Steffen – von 2008 bis 2010 sowie von 2015 bis 2020 Hamburger Justizsenator und seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages – und eine Vielzahl von Gästen.
Hans-Dietrich Rzadtki ist von 2009 bis 2023 Präsident des Amtsgerichts Hamburg gewesen. Er trat 1988 in den höheren Justizdienst der Stadt ein und wurde 1991 zum Richter am Amtsgericht ernannt. Nach seiner Tätigkeit als Straf-, Zivil- und Vormundschaftsrichter unter anderem in Altona war er ab 1996 überwiegend im Präsidialbereich des Amtsgerichts Hamburg tätig. 2000 wurde er für sechs Monate an das Hanseatische Oberlandesgericht abgeordnet und 2003 zum Direktor des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg ernannt.
Dr. Till Steffen begann seine Laudatio mit dem ersten Satz aus Franz Kafkas Roman „Der Prozess“ und erinnerte sich gut daran, wie sich Hans-Dietrich Rzadtki immer wieder bei ihm für die Belange des Amtsgerichts eingesetzt habe. Um den Bogen zu Kafkas Roman zu schlagen: Der diesjährige Preisträger habe sein Berufsleben dem Anliegen gewidmet, aus der Justiz das Gegenteil dessen zu machen, was Kafka beschreibt. Gleichzeitig ging es Hans-Dietrich Rzadtki immer um den menschlichen Faktor bei der Arbeit des Gerichts“, sagte der Laudator und meinte damit: „Die Frage, wie die Justiz den Bürgerinnen und Bürgern gegenübertritt, und die Frage, wie mit den Menschen umgegangen wird, die beim Gericht arbeiten.“
Hamburgs ehemaliger Justizsenator beendete seine Laudatio mit den Worten: „Wenn der Hamburgische Anwaltverein den Emil-von-Sauer-Preis heute an den langjährigen Präsidenten des Amtsgerichts Hamburg verleiht, liegt darin angesichts der zentralen Rolle des Amtsgerichts für die Arbeit von Anwältinnen und Anwälten auch ein klarer Ausdruck der Wertschätzung für die Arbeit, die alltäglich an diesem Gericht geleistet wird. Geehrt wird aber heute die Persönlichkeit Hannes Rzadtki, eine Ehrung, die Sie, lieber Herr Rzadtki, bei all Ihrer Bescheidenheit, auch persönlich nehmen können. Und die, wie ich finde, hochverdient ist.“
Zur Laudatio von Herrn Dr. Steffen.
Hans-Dietrich Rzadtki bat in seiner um Verständnis für die Probleme an den Amtsgerichten, die nicht nur von der Öffentlichkeit und Politik, sondern auch von der Anwaltschaft nicht immer in voller Tiefe wahrgenommen werden, und beschrieb die „strukturelle Problemlage“, die die Arbeit an allen Gerichten erschwere. Es sei ihm daher wichtig, es zumindest heute bei dieser Gelegenheit zu sagen: „Alle versuchen, diese Krisen zu bewältigen, und unsere Mitarbeiter tragen diese Bemühungen schon seit Jahren mit. Diese Menschen und ihre Haltung sind ein wirklicher Schatz und unser größtes Kapital; es sollte sehr pfleglich behandelt werden.“
Zum Schluss verriet Hans-Dietrich Rzadtki, wenn er für die Amtsgerichte drei Wünsche frei hätte, so wären es diese: „Der erste wäre eine spürbare und nachhaltige Beschleunigung aller notwendigen Entscheidungsprozesse zur Transformation unserer Gerichte bei gleichzeitiger Entlastung von überflüssigen bürokratischen Prozessen.“ Zweitens: „Wir können die Vielzahl der Herausforderungen bzw. die Neuausrichtung unseres bisher so erfolgreichen Systems nicht vorantreiben, wenn wir gleichzeitig auf der Bremse stehen und unabweisbar notwendige, sinnvolle Investitionen einem kleinkarierten Spardiktakt unterwerfen.“ Und drittens: „Wir sollten in der Justiz unseren Zusammenhalt pflegen und stärken.“
Zur Rede von Herrn Rzadtki.
Für seine Worte gab es lang anhaltenden Applaus. Der offizielle Teil der Preisverleihung endete mit Akkordeonklängen des deutschen Musik-Duos con:trust – und der Abend mit Fingerfood, gutem Wein und vielen Gesprächen.
Unter den Gästen waren unter anderem Justizsenatorin Anna Gallina und als Vertreter der Bürgerschaft Lena Zagst und Urs Tappert; die Gerichtspräsidentinnen und -präsidenten Birgit Voßkühler (Landesarbeits- und Verfassungsgericht), Anne Groß (Oberverwaltungsgericht), Marc Tully (Oberlandesgericht), Bernd Lübbe (Landgericht) und Hans-Dietrich Rzadtkis Vorgänger Heiko Raabe sowie sein Nachfolger am Amtsgericht Guido Christensen und Asmus Maatsch (Bundesgerichtshof); des Weiteren als Vertreter der Anwaltschaft Christian Winterhoff (Hamburgischer Anwaltsgerichtshof), Jes Meyer-Lohkamp (Hamburgisches Anwaltsgericht), Christian Lemke (Hanseatische Rechtsanwaltskammer) und Petra Heinicke (Münchener AnwaltVerein); außerdem Falk Schnabel (Polizeipräsident), Udo Bensing (Wirtschaftsprüferkammer), Klaus Beckmann (Helmut-Schmidt-Universität), Ute Mascher (Verband Freier Berufe) und Peter Dümpelmann (DANV) sowie die ehemaligen Preisträger Jan Grotheer (2003), Inga Schmidt-Syaßen und Karsten Schmidt (2005), Jürgen Keyl (2009), Bernd-Ludwig Holle als Vertreter der Hülfskasse Deutscher Rechtsanwälte (2017) und Friedrich-Joachim Mehmel (2021).
Emil-von-Sauer-Preis
Seit 1973 verleiht der HAV den Emil-von-Sauer-Preis an herausragende Persönlichkeiten und Institutionen, die sich um das hamburgische und deutsche Rechtswesen verdient gemacht haben. Der Preis wird verliehen in Erinnerung an den Rechtsanwalt Dr. Emil von Sauer, der als erster Präsident des Deutschen Anwaltvereins nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend dessen Wiederaufbau nach 1945 prägte und bereits 1946 den HAV zurück ins Leben rief.